Therapie anderer Schwindelursachen (nicht-vestibulärer Schwindel)

Nicht-vestibulärer Schwindel

Die Effektivität von Therapiemethoden bei anderen Schwindelursachen, die nicht mit dem Gleichgewichtssystem zu tun haben, ist bislang noch nicht ausreichend belegt. Streng gesehen handelt es sich hierbei auch weniger um eine Schwindelerscheinung als viel mehr um eine Benommenheit, Sternchen vor den Augen, Taumeligkeit, Gleichgewichtsverlust etc.

Kreislaufbedingter Schwindel

Gleichbedeutende Wörter sind „orthostatischer Schwindel“ oder auch „kardiovaskulärer Schwindel“. Nicht-vestibulärer Schwindel, der durch zu hohen oder niedrigen Blutdruck beziehungsweise eine verlangsamte Anpassung des Blutdruckes bedingt ist, ist häufig. Auch der Schwindel bei unzureichender Arbeit des Herzens fällt therapeutisch gesehen unter diese Kategorie. Bei „Kreislauf bedingtem Schwindel“ wären folgende Maßnahmen vorstellbar:

  • Patienten von schnellem Aufstehen abraten;
  • nach längerem Sitzen/ Liegen: Hocker-/ Flugzeuggymnastik (Füße kreisen, Fäuste machen und wieder öffnen etc.) vorm Aufstehen machen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen;
  • stufenweise Aufbautraining der körperlichen Belastung unter Pulskontrolle;
  • leichtes, regelmäßiges Ausdauertraining, worunter auch ein Spaziergang von mindestens einer halben Stunde zu verstehen ist (Pulskontrolle bei „Herzpatienten“!!);
  • eventuell Absprache mit dem behandelnden Arzt bezüglich Medikamentation und Thrombose-/ Kompressionsstrümpfe.

Permanenter empfundener Schwankschwindel/ Phobischer Schwankschwindel

Bei einem Schwankschwindel ohne organische Ursache hilft häufig schon eine genaue Aufklärung durch den Arzt über die Schwindelentstehung und der Hinweis zu versuchen, Schwindel auslösende Situationen nicht mehr zu meiden, sondern schrittweise aufzusuchen. Ansonsten kann mit einer Kombination aus Verhaltenstherapie und Antidepressiva gute Erfolge erzielt werden. Noch nicht näher geklärt ist, wie weit Physiotherapie bei diesem Krankheitsbild helfen kann. So verschreiben auch die einen Ärzte anspruchsvolles Gleichgewichtstraining, wohingegen die anderen Ärzte die Betroffenen komplett weg von der bewussten Gleichgewichtssteuerung haben wollen und zu leichtem Ausdauersport raten.

Momentan werden die Effekte einer psychotherapeutischen Gruppentherapie untersucht, welche erste positive Tendenzen aufzeigt (STANDFEST).

Die Erfahrung aus der Praxis, in der wir häufig Patienten mit diesem Krankheitsbild begegnen, zeigt, dass durch eine Kombination aus vestibulärer Therapie und verhaltenstherapeutischen Ansätzen gute und langfristige Ergebnisse erzielt werden können. Schwerpunkte sind eine visuelle sowie situative Desensibilisierung, Wiedererlernen normaler Schwankmuster, Aufklärung über den Entstehungsmechanismus des Schwindels sowie dessen Therapie sowie das Vertrauen in den eigenen Körper wiedererlangen.

Schwindel von der Halswirbelsäule

Viele Therapeuten gehen davon aus, dass Schwindel vor allem von der Halswirbelsäule kommt und reden vom sogenannten „cervikogenen Schwindel“. In der Fachwelt herrscht große Uneinigkeit darüber, ob es den Schwindel, der von der Halswirbelsäule ausgeht, überhaupt gibt. Fakt ist, dass die meisten Patienten mit einem vestibulären Schwindel, beispielsweise mit einer Neuritis vestibularis, einen stark verspannten Nackenbereich haben, da Kopfbewegungen Schwindel auslösen und sie dieses zunächst vermeiden wollen und somit den Hals und Nacken permanent anspannen. Natürlich tut diesen Patienten eine Massage oder Manuelle Therapie gut, diese Maßnahmen sollten allerdings nicht länger als 5 Minuten dauern; der Rest der Therapie sollte nach Prinzipien der Vestibulären Rehabilitationstherapie erfolgen. Die Erfahrung zeigt allerdings auch, dass Patienten mit vestibulären Schwindel und zusätzlichen Nackenbeschwerden, diese allein durch die vielen aktiven Kopfbewegungen und das aufgelöste Vermeidungsverhalten beseitigen können. Oftmals wird ein Lagerungsschwindel – vor allem nach Unfällen oder Zahnarztbesuchen – nicht erkannt und als ein Schwindel von der Wirbelsäule fälschlich diagnostiziert.

Sensorischer Schwindel

Ein weiterer nicht-vestibulärer Schwindel ist der sogenannte sensorische Schwindel. Beim „sensorischen Schwindel“, der z.B. durch schlechter werdende Sehkraft oder durch eine zunehmende Gefühlslosigkeit in den Beinen (durch Polyneuropathie ausgelöst) entsteht, wäre je nach Patientenbeschwerden und Allgemeinzustand entweder ein intensives Gleichgewichtstraining oder eine Kombination dessen mit einem Augenbewegungstraining im Sinne der Vestibulären Rehabilitationstherapie sinnvoll.